Kürzen kürzen kürzen!

Heute gebe ich dir mal einen kleinen Einblick in mein Autorenleben, wenn ich nicht gerade Lesungen vorbereite oder halte, oder ein neues Buch rausgekommen ist.
Meine Agentin von der Literaturagentur Kossack und meine Verlegerin vom Jupitermond Verlag haben gerade verschiedene Projekte von mir auf dem Schreibtisch liegen. Und beide hatten genau gleichzeitig genau dieselbe geniale Idee: Annika, kannst du bitte kürzen?

Dieses Problem hatte ich schon in der Grundschule, wenn ich die Schulaufsätze noch in der Pause und die nächste Stunde hineinschrieb. Frau Fischer, meine Lehrerin, gab mir trotzdem immer eine gute Note mit dem Hinweis das nächste Mal in der Zeit fertig zu werden. Danke, liebe Frau Fischer, dass Sie bei der Zeit ein Auge zudrückten. Das hat mich ungemein motiviert, weiterzuschreiben!

Kürzen, kürzen, kürzen war also heute angesagt. Erst war der lange Text dran, eine Geschichte über das Einschlafen und das Aufwachen (mehr wird hier nicht verraten). Die Geschichte hatte vorher 18.922 Zeichen. Die Bitte meiner Agentin: Kannst du den Text auf 5.000 Zeichen kürzen? Wer gut rechnen kann, kann gleich überschlagen, dass mehr als zwei Drittel gestrichen werden mussten. Also ging ich radikal vor. Ich nahm ein weißes Blatt und einen Kuli und schrieb die Geschichte von vorn. Ab und zu spickte ich in die Vorgänger-Version. Die Hauptfigur hatte vorher eine sehr süße Schwester, der Oooooh!-Faktor in der Geschichte. Die gibt es jetzt nicht mehr. Mehrere Passagen habe ich zusammenverswurschtelt, andere ganz gestrichen und das Ganze dann abgetippt und ausgedrückt. Tja, und dann habe ich nochmal den Kuli zur Hand genommen. Der ist dann noch einmal gnadenlos über das Blatt gefegt und hat weitere Absätze ersatzlos gestrichen. Das Ergebnis: Ich habe knapp 11.000 Zeichen aus dem Text gelöscht. Trotzdem erzählt er im Grunde noch die gleiche Geschichte. Das ist immer wieder faszinierend. Wer eben schon gut rechnen konnte, der wird es auch jetzt wieder schaffen. Nach all den Streichungen und Kürzungen hat die Geschichte noch etwa 8.000 Zeichen und damit immer noch 3.000 zu viel. Wo soll ich aber jetzt noch etwas wegstreichen? Ich beschloss, meiner Agentin diese kürzere Version einmal zu schicken. Vielleicht nehmen sie es bei dem Verlag, der Interesse an der Geschichte hat, ja nicht ganz so genau mit den Zeichen?

Das Kürzen ist wirklich eine essentielle Arbeit beim Schreiben. Oft wird der Text dann viel prägnanter und auf das Wichtigste reduziert. Wie eine gute Brühe, wenn das Wasser rausgekocht ist 🙂

Als nächstes kam mein Reim-Stück dran. Das wird der 6. Teil der Wunderbare-Wesen-Reihe. Worum es darin geht, will ich noch überhaupt nicht verraten. Aber eines kann ich doch sagen: Es geht um ein Kind aus der Wunderbare-Wesen-Klasse. Oder um zwei? Das ist strenggeheim! 😉
Dieses Reim-Stück ist wirklich zuckersüß. Ich mag es richtig gerne und – ein Glück! – meine Verlegerin auch! Aber es wäre gut, wenn der Text auf 13 Doppelseiten passte… Und das ist nicht so leicht, denn dieses gereimte Manuskript ist ziemlich lang geworden. Anders als in einem Prosatext, also einer Geschichte, die nicht in Strophen gekleidet ist, kann ich hier nicht einfach hier und da ein paar Zeilen streichen. Die reimen sich schließlich alle auf etwas! Aber ein paar Strophen, die zwar schön und lustig waren, aber nicht soooo wichtig, konnte ich doch rausnehmen. Und dann gelang es mir tatsächlich doch, ein paar Zeilen zu kürzen und so zwei Strophen zu einer zusammenzustampfen. Ich weiß aber jetzt schon, dass das nicht die letzte Version bleiben wird. Das weiß ich einfach aus Erfahrung. Oft glauben meine Verlegerin, ‚Ja! Jetzt haben wir es! Das ist die endgültige letzte Version!‘ und freuen uns und nennen die Datei dann auch so. Z.B. Ava und die Rückkehr der Farben_final. Und dann gibt es immer noch Ava und die Rückkehr der Farben_final1 und _final2 und _final3… Das gehört eben auch dazu. Und ehrlich gesagt, macht es mir auch Spaß, so lange an dem Text zu feilen, bis er perfekt geworden ist.

Das wars von mir für heute! Morgen habe ich vielleicht wieder Zeit für mein aktuelles Herzensprojekt, übermorgen bin ich wieder auf einer Schullesung – und weiter plane ich noch nicht!

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